Autobiografie schreiben

von Februar 6, 2020 Januar 10th, 2023 Autobiografie, Kreatives Schreiben

Eine Autobiografie schreiben?

Jeder von uns lebt sein eigenes Leben und hat dabei einen einzigartigen Blick auf die Welt. Wir sind als Menschen in der Lage, über unser Leben zu reflektieren, es zu verändern und schreibend zu erzählen. Dabei gibt es eine Lebensgeschichte kein zweites Mal. Und ich würde jedem Menschen dazu raten wollen, seine Lebensgeschichte eines Tages zu schreiben.

Memoiren

Doch schauen wir zunächst einmal zurück. In früheren Zeiten war das Schreiben von Memoiren in erster Linie etwas für berühmte Leute – vom Staatsmann bis hin zur Hollywood-Diva. Memoiren kommen meist auch als bunter Strauß aus Anekdoten, Erinnerungen und Erlebnissen mit anderen berühmten Menschen, daher. Memoiren gehen meist auch nicht in die Tiefe, sondern verweilen nur an der Oberfläche des Lebens. Auch dienen sie eher der Unterhaltung. Und nicht zu vergessen: Der Autor oder die Autorin hat mit Blick auf die Öffentlichkeit immer das eigene Image im Sinn. Es geht bei diesen Memoiren mehr um die positive Außenwirkung, als darum, einen künstlerischen Beitrag zur Erforschung des Lebens an sich zu leisten. Kurz gesagt und modern ausgedrückt, handelt es sich bei dieser Art der oben beschriebenen Memoiren demnach mehr um eine PR-Maßnahme als um schriftstellerische Kunst.

Autobiografie

Heute spüren viele Menschen den Wunsch, irgendwann ihre Autobiografie zu schreiben. Und das ist auch gut so. Man muss nicht mehr berühmt sein, um sich erinnern zu dürfen. Und auch die typische anfängliche Frage: Wen interessiert es denn, was ich schreibe? ist schnell vom Tisch, denn wir alle sind einzigartig und wir haben daher etwas zu sagen.

Man kann das schreibende Erinnern als große Chance für die eigene Entwicklung begreifen. Denn das Reflektieren, Einfühlen und Schreiben bedeutet nicht nur ein sich Befreien von Gedanken, sondern auch die konstruktive Auseinandersetzung mit seinen eigenen Gefühlen. Das Erstaunliche beim Schreiben ist es, dass sich die eigenen Gefühle durch das Schreiben einer Autobiografie verändern können – eine sanfte Art der Therapie setzt ein.

In einer Autobiografie gilt der Anspruch des Autors, eine möglichst vollständige Lebensgeschichte zu schreiben. Um mit der Autorin Judith Barrington zu sprechen, ist eine Autobiografie „die Geschichte eines Lebens“. Der Autor oder die Autorin versucht, alle bedeutenden Elemente seines Lebens zu beleuchten und zu beschreiben.  Man kann seine Lebensgeschichte nur für sich selbst, für die Familie schreiben oder sie auch veröffentlichen.

Wenn man sich als Autorin oder Autor dafür entscheidet, sein Manuskript zu veröffentlichen, sollte man seine Botschaft in einen Satz fassen können. Das zu veröffentlichende Buch sollte auch ein Beitrag zur Betrachtung des Lebens an sich sein und den Leserinnen und Lesern möglichst neue Erkenntnisse vermitteln. Eine Autobiografie ist ein vielschichtiges Werk, das neben der eigenen Innenwelt auch die äußere Welt betrachtet und durchdringt.

 Erinnerungen

Wenn man als Autor oder Autorin seine Erinnerungen aufschreiben möchte, erhebt man dagegen keinen Anspruch auf Vollständigkeit seiner Lebensgeschichte. Es können einzelne Anekdoten geschrieben werden, die locker aneinander gereiht werden. Oder man setzt sich nur mit einem einzelnen, ganz entscheidenden Thema aus seinem Leben auseinander. Nach Judith Barrington schreibt man bei den Erinnerungen nicht die Geschichte eines Lebens, sondern nur eine Geschichte aus seinem Leben. Dabei schürft man tiefer und versucht nicht nur sein Leben, sondern das Leben im Allgemeinen zu verstehen. Eine Erinnerung ist also nur eine einzige Geschichte aus dem eigenen Leben, die man erzählt. Mit der Erforschung kann man ein allgemein menschliches Thema, wie zum Beispiel das der Liebe, dem Leser nicht nur als ein Leseerlebnis näherbringen, sondern ihm auch ein Ergebnis der eigenen Überlegungen darüber mitteilen.

Biografischer Roman

Wenn Sie sich als Autor oder Autorin für eine Autobiografie in der Form eines Romans entscheiden, haben Sie im Grunde dieselben handwerklichen Herausforderungen zu meistern, wie bei jedem anderen Roman auch. Das bedeutet, man erzählt eine Geschichte, die einen Konflikt beinhaltet. Die Geschichte hat einen Aufbau: Einen Anfang, nimmt eine Entwicklung, eine Mitte, einen Höhepunkt und ein offenes oder geschlossenes Ende. Ein Spannungsbogen zieht sich über diesen Aufbau, der das Gerüst des Romans bildet. Man beschreibt Szenen und entwirft eine oder mehrere Handlungen, führt Figuren ein, lässt sie sich entwickeln und natürlich Dialoge mit anderen Figuren führen. Kurz gesagt – die ganze Bandbreite schriftstellerischer Kunst fließt in einen autobiografischen Roman mit ein. Das Handwerk des Schreibens schafft eine gute Distanz zu den eigenen Überlegungen und Gefühlen, die aufkommen, wenn man über sein eigenes Leben schreiben will. Zum Handwerk gehört auch, zu unterscheiden, wann eine erinnerte Szene und wann das Reflektieren des Erzählers oder der Erzählerin über diese Szene aus der Erinnerung heraus vorkommen soll. Die persönliche Stimme des Erzählers oder der Erzählerin ist meiner Meinung nach das entscheidende Element, ob der Leser dem autobiografischen Roman über viele Seiten hinweg folgt.

Persönlichkeitsrecht

Wenn man mit seinem autobiografischen Werk an die Öffentlichkeit gehen möchte, gibt es einiges zu beachten, wie zum Beispiel das Persönlichkeitsrecht und seine mögliche Verletzung. Wer autobiografisch schreibt und über Personen aus seinem Umfeld, sollte darüber Bescheid wissen, was innerhalb des rechtlichen Rahmens erlaubt ist. Grundsätzlich gilt natürlich, und das ist ebenfalls im Grundgesetz verankert, dass die Kunst frei ist. Aber es gibt natürlich auch Grenzen. Mehr über das Persönlichkeitsrecht und wie Sie damit umgehen, erfahren Sie in meinem Seminar ‚Autobiografie schreiben‘.

Birgit Nipkau

Mein Literaturtipp:

Judith Barrington: Meine Erinnerungen, mein Leben. Autorenhaus Verlag. Berlin.

Meine Kurse zum Thema Biografisches Schreiben finden Sie unter Aktuelles.